Rechte der Ratsmitglieder, Teil 1
Der Themenbereich "Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder" ist so umfassend, dass ich ihn in mehreren Folgen beleuchten möchte.
Wie schon dargestellt vertritt der Rat die Bürgerschaft. Insoweit hat er also die Kompetenz einer kommunalpolitischen Führung. Konkret übt er diese dann dadurch aus, dass er das Recht hat, die Grundsätze der Gemeindeverwaltung festzulegen und über alle Angelegenheiten zu entscheiden. Zumindest soweit kraft Gesetzes nicht der Bürgermeister oder andere Gremien der Gemeinde zuständig sind. Darüber hinaus kann der Rat von sich aus selber die Kompetenzen an den Bürgermeister oder andere Gremien übertragen.
Laut Literatur hat der Rat die Ausführung seiner Beschlüsse zu überwachen und die Gemeindeverwaltung zu kontrollieren. Leider gestaltet sich dies durch unterschiedliche Wahrnehmungen und Auffassungen einzelner Akteure, gerade in Weilerswist, in der Praxis als besonders schwierig. Die Kommunalaufsicht ist an dieser Stelle auch selten hilfreich.
Um Entscheidungen unabhängig treffen zu können, den Aufgaben gerecht zu werden, hat die Gemeindeordnung (GO) den Ratsmitgliedern einige besondere Rechte eingeräumt.
Die GO räumt den Mitgliedern des Rates unterschiedliche Rechte ein. Man unterscheidet hier zwischen Rechten die mehreren Ratsmitgliedern gemeinsam zustehen (Minderheitenrechte) und Rechten die jedem Ratsmitglied einzeln zustehen.
Grundsätzliche Regelungen bezüglich des Ablaufs der Sitzungen finden sich in der GO wieder, Konkretisierungen gibt es für die jeweilige Gemeinde in der Geschäftsordnung des Rates (Beispiel: Geschäftsordnung des Rates und seiner Ausschüsse in Weilerswist).
In der Reihe "Kommunales Wissen kompakt" werden zur Verschlankung, zur Kompaktheit, nicht alle Rechte und Pflichten voll umfänglich angesprochen. Das Ziel dieser Reihe soll schließlich weitrhin sein, einen kompakten, ersten Überblick zu geben und nicht alle Aspekte bis ins Detail zu beleuchten. Dies würde den Rahmen sprengen.
Rechte mehrerer Ratsmitglieder zusammen (Minderheitenrechte):
Bestimmte Rechte können nicht von einem einzelnen Ratsmitglied sondern nur von einer bestimmten Anzahl von Ratsmitgliedern gemeinsam wahrgenommen werden. Dies kann eine Fraktion oder auch ein Fünftel der Ratsmitglieder sein. Bereits aus dem Wortlaut "Ratsmitglieder" wird klar: der Bürgermeister wird bei der Ermittlung der Anzahl für ein solches Quorum nicht mitgezählt (§ 40 Abs. 2, S. 6 GO).
Hierzu später mehr, wenn es sich um das Thema Fraktionen dreht.
Rechte einzelner Ratsmitglieder:
Das Freie Mandat nach § 43 Abs. 1 der GO stellt klar, dass die Ratsmitglieder in ihrer Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur mit Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung handeln. Sie sind an Aufträge nicht gebunden.
Beteiligungsrechte / Ausschluss der Öffentlichkeit: Aus § 48 Abs. 2, S. 3 GO ergibt sich, dass Mitglieder des Rates u. a. das Recht haben an allen Entscheidungen, die vom Rat getroffen werden, beteiligt zu werden sowie zu Punkten der Tagesordnung Stellung zu nehmen und den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen. Dies ist aber natürlich entsprechend zu begründen und darf nicht nach willkürlichen Gesichtspunkten erfolgen .
Akteneinsicht nach § 55 Abs. 5 GO: Jedem Ratsmitglied steht das Recht auf Akteneinsicht zu. Auf Verlangen ist die Akteneinsicht dann zu gewähren, wenn dies für die Vorbereitung einer Entscheidung der Gremien (dem das Mitglied angehört) dient oder der Kontrolle zur Ausführung eines Beschlusses als Ziel hat.
Das Recht der Akteneinsicht dient der Kontrolle der Verwaltung und der Kontrolle der korrekten zeitnahen Ausführung der gefassten Beschlüsse.
Es besteht auch ein Recht zur Bewerbung, Annahme und Ausübung des Mandates. Dies regelt § 44 Abs. 1 GO. Hierin wird festgelegt, dass niemand gehindert werden darf sich um ein kommunales Mandat zu bewerben. Kündigungen oder Entlassungen, die anlässlich einer Bewerbung um ein kommunales Mandat, wegen der zu erwartenden zeitlichen Bindung, ausgesprochen werden, sind unzulässig. Auch die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz ist nicht zulässig.
Zudem besteht ein Freistellungsanspruch nach § 44 Abs. 2 GO. Mitglieder kommunaler Vertretungen sind von der Arbeit freizustellen soweit dies für die Wahrnehmung des Mandates erforderlich ist. Zur Ausübung des Mandates zählen dabei alle Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Mandat stehen oder die auf Veranlassung des Rates oder eines Ausschusses erfolgen. Auch wichtige Besprechung mit dem Bürgermeister oder bedeutende repräsentative Termine zählen nach herrschender Meinung zu diesen Tätigkeiten.
Nach § 44 Abs. 3 GO haben Ratsmitglieder zudem einen Anspruch auf Weiterbildung. Soweit es für die Ausübung des Mandats erforderlich ist, haben Ratsmitglieder Anspruch auf Urlaub an bis zu acht Arbeitstagen in jeder Wahlperiode. Allerdings höchstens an vier aufeinanderfolgenden Tagen im Jahr. Der Arbeitgeber kann diesen Urlaub allerdings ablehne, sofern zwingende betriebliche Belange diesem entgegenstehen. Einen Anspruch auf Lohnfortzahlung hat das Ratsmitglied für diesen (Weiterbildungs)Urlaub allerdings nicht.
Den Ratsmitgliedern steht eine Aufwandsentschädigung (§ 45 Abs. 1 GO) zu. Ihnen entsteht durch die Wahrnehmung ihres Mandats ein besonderer Aufwand, welcher nicht spezifisch berechnet und entschädigt werden kann. So kann die Einrichtung eines Arbeitszimmers, die Anschaffung eines Computers und Druckers oder auch die Anfertigung von Kopien erforderlich sein, welche ohne eine Entschädigung zu privaten / persönlichen Lasten des Ratsmitglieds gehen würde. Um nicht jeden einzelnen Grund und nicht jede Ausgabe spitz abrechnen zu müssen, hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen. Mitglieder kommunaler Vertretungen haben neben den Anspruch auf Gewährung von Verdienstausfall auch Anspruch auf eine angemessene Aufwandsentschädigung. Die Höhe richtet sich einerseits nach dem Gremium den Mandatsträger angehört und nach der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune. Näheres regelt hier die Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler Vertretungen und deren Ausschüsse im Land Nordrhein-Westfalen (Entschädigungsverordnung Nordrhein-Westfalen - EntschVO NRW). Beispiel: für den Rat der Gemeinde Weilerswist beträgt diese 168,30 € monatlich zzgl. Sitzungsgeld i. H.. v. 25,50 € (vgl. § 2 Abs. 1. Ziff. 2 i. V. m. § 2 Abs. 3 EntschVO NRW).
Übrigens: § 45 Abs. 4, S. 1 GO kann auf die Aufwnadsentschädigung nicht verzichtet werden.
Aus § 69 Abs. 1 GO ergibt sich zudem ein Auskunftsrecht. Der Bürgermeister ist verpflichtet auf Verlangen eines Ratsmitgliedes, zu einem Punkt der Tagesordnung vor dem Rat Stellung zu nehmen.
In der Theorie sind die Rechte der Ratsmitglieder also klar beschrieben. In der Praxis begegnen den Ratsmitgliedern dennoch viele Hürden. Nicht von ungefähr kommt es immer wieder zu kleineren (oder größeren) Streitereien zwischen einzelnen Ratsmitgliedern und der Verwaltungsspitzen. In jedem konkreten Einzelfall muss das Ratsmitglied bewusst entscheiden, welche rechtlichen Möglichkeiten (z. B. Klage gegen den Bürgermeister) es bereit ist, auszuschöpfen. Zum Verhältnis von Theorie und Praxis an anderer Stelle mehr.










